von Andreas Wagner M.A.
Sportwissenschaftler | Mitbegründer von iQ athletik und Mitautor des Buches Krafttraining im Radsport (mehr
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Im Radsport wird zum Ausbilden der Kraftausdauer nicht selten ein Trainieren mit dem Sportgerät Fahrrad empfohlen. Diese Form des Trainings wird als spezifisches bzw. spezielles Krafttraining bezeichnet. Radsportler sollen vor allem Berganfahrten mit hohen Übersetzungen und niedrigen Trittfrequenzen ausführen. So plausibel dies auch auf den ersten Blick erscheint, sind die Wirkungen dennoch zu hinterfragen.
Das mühevolle Treten am Berg wird hierbei falsch aufgefasst. Das kraftvolle Fahren mit „schweren“ Gängen ist nicht mit einem Krafttraining gleichzusetzen. Die produzierten Krafteinsätze sind dabei nicht hoch genug, um physiologische Anpassungen im Sinne eines Krafttrainings zu erzielen. Für ein "Krafttraining" mit dem Rad werden in der Praxis die unterschiedlichsten Empfehlungen ausgesprochenen. Diese weichen dabei sowohl in den Bezeichnungen als auch in den Trainingsinhalten deutlich voneinander ab. Empfohlen werden Belastungszeiten zwischen 75 Sekunden und mehreren Stunden. So unterschiedlich diese Methoden auch sind, haben sie alle eines gemeinsam: SIE GEHEN AM ZIEL VORBEI. Mit Blick auf ein angestrebtes Krafttraining werden zwei zentrale Kriterien verfehlt:
Berganfahrten mit hohen Übersetzungen und niedrigen Trittfrequenzen führen deshalb nicht zu einer Verbesserung der Kraftausdauerleistung. Bei dieser Methode handelt es sich ausschließlich um ein Ausdauertraining gegen erhöhte Widerstände.
Die hierbei vorgegebenen niedrigen Trittfrequenzen entsprechen allerdings einer Anforderung, die so nicht im Wettkampf abverlangt wird. Empfohlen wird oftmals eine Trittfrequenz, die zwischen 50–70 U/min liegt. Im Rennen werden dagegen meist höhere Trittfrequenzen gefahren. So pedalieren Straßenradprofis z.B. bei einer Flachetappe im Durchschnitt mit 90 Kurbelumdrehungen in der Minute. Damit sind Berganfahrten mit "dicken" Gängen weder ein radsportspezifisches Kraft- noch Ausdauertraining.
Der Wert eines Kraftausdauertrainings – mit oder ohne Fahrrad – ist grundsätzlich zu hinterfragen für Radsportler und Triathleten.
Diese Aussage wird mit Sicherheit einen Großteil der Trainer und Sportler verwundern. Die Begründung dafür zeigt sich mit einem Blick auf die zu erwartenden Anpassungen durch ein Kraftausdauertraining. Dieses wird mit dem Ziel durchgeführt, die Ermüdungswiderstandsfähigkeit bei höheren Belastungen zu verbessern. Dieser Effekt wird jedoch bereits durch die Form des intensiven Ausdauertrainings auf dem Fahrrad angesprochen – z.B. durch intensive Intervalle und Fahrtspiele. Von einem speziellen Kraftausdauertraining ist daher kein weiterer Nutzen für Radsportler zu erwarten.
Radfahrer und Triathleten sollten dagegen ein Maximalkrafttraining praktizieren, um ihre Wettkampfleistung zu steigern. Immer mehr wissenschaftliche Studien belegen die positiven Effekte eines ergänzenden und intensiven Krafttrainings für Ausdauersportler. Hierzu ist allerdings die Radstrecke zu verlassen und der Kraftraum zu besuchen. Ein effektives Trainieren der Muskelkraft erfordert für Radsportler und Triahleten den Einsatz von Hanteln und Kraftmaschinen. (mehr erfahren)